31. März 2011: Playa de Castilla

Das Meer war laut letzte Nacht – ich muss mich erstmal wieder an das Schlafen im Schlafsack und in der Natur gewöhnen. Außerdem gehen mir die ganzen Gedanken an Arbeit, Kinder, Zukunft und weiß der Himmel was noch durch den Kopf. Ich muss erstmal abschalten – aber das wird wohl noch ein paar Tage dauern.

Ich weiß allerdings, dass so eine Reise mich wieder zu mir bringt. Mich mal wieder mein Innerstes spüren lässt. Kompromisslos.

Die Route führt mich heute über Huelva an der Playa de Castilla entlang. Öffentlicher Strand zumeist, die Straßen sind noch einigermaßen leer – genauso wie die Strände.

Huelva ist eine Industriestadt mit einer großen Hafenanlage, durch die ich fahre. Zunächst noch auf der via verde, später dann über Industriestraßen Richtung Süden.

Am Ortsausgang von Huelva kann ich nicht übersehen, wie stolz die Spanier auf den Genuesen Christoph Kolumbus sind. Ich frage mich, ob das Denkmal für Colón, wie er hier heißt, genauso groß wäre, wenn sie bei der Errichtung schon gewusst hätten, dass Colón Amerika gar nicht entdeckt hat, sondern irgendein Isländer schon 500 Jahre vorher. Und Asterix und Obelix sogar schon 1.400 Jahre vorher.

Da sind die Spanier ja echt locker: Wenn sie einen Fremden sympathisch finden und der auch noch Spanien mag und gute Dienste liefert, dann ist er einer von ihnen. Kolumbus (Italiener) war so einer, Bernd Schuster (Deutscher), Ronaldinho (Brasilianer) und momentan Lionel Messi (Argentinier). Die Spanier nehmen sich sogar einen Italiener zum König und eine Griechin zur Königin. Egal eben. Alles Spanier/innen.

Die Touristenorte sind grausam. Ich verstehe nicht, wie sich die Menschen dort wohl fühlen können – muss ich auch nicht. Wenn es keine Nachfrage gäbe, gäbe es auch keine Touristenorte. Andere Menschen sind anders – aber das hatten wir ja schon…

Aber es gibt sie hier auch schon: Die kleinen Pueblos mit ihren zentralen Kirchen und Rathäusern. Deren Plätze sind morgens mein Magnet. Quellen von ccl+c.

Störche suchen sich allenthalben Nistplätze und bauen an ihren Nestern rum. So viele in einem Gebiet habe ich bisher noch nie gesehen. Diese Region hier ist ein Paradies für Meister Adebar.

Während ich mein ccl+c auf dem Kirchplatz genieße, kann ich einen Storch oben an der Kirchturmglocke beobachten. Ich frage mich, wie ich die Glockenschläge überleben würde, wenn ich dort schlafen müsste…

Auf meiner Karte biegt eine Straße mit grüner Kennzeichnung (sehenswerte Routenführung) links ab ins Landesinnere – mal sehen, ob ich die finde. Ach – diese Einfahrten in das umzäunte Naturschutzgebiet scheinen Straßen zu sein. Ich probiere es mal aus – nach dem Wellenrauschen letzte Nacht wünsche ich mir heute mal die Ruhe des Waldes.

Ich fahre durch ein offenes Tor auf einen geschotterten Weg, der aber mit dem Rad gut zu befahren ist.

Schnurgerade ist er – Wegweiser sind allerdings hier Fehlanzeige. An den vereinzelten Kreuzungen muss ich mich immer anhand von Orientierungsgefühl und Wegequalität für eine Richtung entscheiden.

Ich weiß zwar nach rund einer Stunde Fahrt nicht mehr wo ich bin und Brotkrumen habe ich an den Kreuzungen auch nicht ausgelegt, aber irgendwie werde ich morgen früh hier schon rauskommen.

Und es ist so schön hier: Ich bin allein in einer mir fremden Art von Wald mit Bäumen, die ich noch nicht kenne. Die Stille hier ist hörbar, keine Verkehrsgeräusche, keine Menschen – mmmmh…

Das Fahren zwischen sechs und acht Uhr abends macht mir am meisten Spaß – das Licht ist dann wunderbar, die Freude auf den Zeltplatz und das Seiden-Inlett wächst und alles wird so langsam ruhiger.

Gegen acht stelle ich mein Zelt auf, dusche mit einem Liter Wasser aus der Sigg-Flasche, esse mein zuvor gekauftes Bocadillo (belegtes Brötchen) und krieche in meinen Schlafsack.

Die Frösche quaken mich in den Schlaf. Dann hätte ich also doch hier einen See finden können, um mich zu waschen. Egal – ich fühle mich wohl. In etwas größerer Entfernung höre ich Schreie, die mich an paarende Katzen erinnern – aber das müssten große Katzen sein…

Mir ist’s jetzt egal…

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