Tag Archives: Deutschland

Dezember 2020: Die Radrennbahn Hannover

Ich bin neugierig und suche ein Loch im Zaun, finde eins und schlüpfe auf das Gelände. 1965 wurde die Anlage eröffnet, die Holzkonstruktion vom Unterbau bis hin zu den Stäben der Fahrbahn erforderte viel Pflege und persönliches Engagement. 2017 drehte die Region Hannover den Geldhahn zu und der Platzwart ist wohl auch schon in die Jahre gekommen.

Der Geist von Sechstagerennen liegt in der Luft. Veranstaltungen, legendär, von denen Bertold Brecht sagte: “Ich bin für den Sport, weil und solange er riskant (ungesund), unkultiviert (also nicht gesellschaftsfähig) und Selbstzweck ist.”

Das Licht ist perfekt und ich schaue nur noch durch die Kamera. Ich bin ganz allein und stelle mir vor, wie Athleten, Betreuer und Zuschauer die Szene bevölkern. Ich stelle mir vor, dass ich mit einem Bahnrad die 333-Meter-Runden zigmal absolviere, mit brennenden Beinen und Lungen. Und nehme mir vor, demnächst mal ein echtes Sechs-Tage-Rennen zu besuchen.

Januar 2019: Hiddensee – eine kleine Hommage.

Zum Geburtstag Ende 2018 bekomme ich eine Reise geschenkt. Eine Reise nach Hiddensee. Gleich nach Neujahr soll es los gehen. Nix spektakuläres, eher was kontemplatives – zum Nachdenken über das kommende Jahr vielleicht sogar ganz gut. Ich selbst wäre nie auf die Idee gekommen, nach Hiddensee zu fahren.

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2. – 5. Oktober 2014: Deutsche Einheit in Holland

Eigentlich wollen wir zu dritt Abschied radeln: Leo, Nils und ich von Amsterdam nach Münster, wo der Jüngste ab Montag studieren will. Das Einheits-Wochenende ist prädestiniert für eine solche Tour: Raus aus Hannover, wo die zentralen Feiern zur Einheit dieses Jahr statt finden.

Geplant haben wir das jetzt schon ein paar Wochen im Voraus: Vater und Söhne nochmal alle zusammen eine gemeinsame Tour fahren. Dann wird Leo krank und Nils und ich radeln allein. Schade, aber nicht zu ändern.

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26. September 2014: A Hike through the Leine-Area

“I went to the woods because I wished to live deliberately, to front only the essential facts of life, and see if I could not learn what it had to teach, and not, when I came to die, discover that I had not lived. I did not wish to live what was not life, living is so dear; nor did I wish to practise resignation, unless it was quite necessary. I wanted to live deep and suck out all the marrow of life, to live so sturdily and Spartan-like as to put to rout all that was not life, to cut a broad swath and shave close, to drive life into a corner, and reduce it to its lowest terms.”

― Henry David Thoreau, Walden: Or, Life in the Woods

“Ich zog in den Wald, weil ich den Wunsch hatte, mit Überlegung zu leben, dem eigentlichen, wirklichen Leben näher zu treten, zu sehen, ob ich nicht lernen konnte, was es zu lehren hätte, damit ich nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich nicht gelebt hatte…”

 

 

Hier ging’s lang:

Unbenannt

22. – 31. August 2014: Via Claudia von Augsburg nach Venedig

Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, Pontifex maximus, Tribuniciae potestatis XIV, Consul V, Imperator XXVII, Pater patriae (kurz: Claudius – nicht zu verwechseln mit Augustus) war ein vorausschauender und in Zusammenhängen denkender Mensch. Hungersnöte der Römer brachten ihren Kaiser, der dem tyrannischen Caligula folgte und dem der Nero folgte, auf den Gedanken, die fernen römischen Provinzen über durch Fuhrwerke befahrbare Transportwege an Rom anzubinden. Zum wichtigsten Weg zwischen süddeutschem und norditalienischem Raum wurde die Via Claudia, ein Karrenweg über Fern- und Reschenpass, der den Namen des Emperators aus dem ersten Jahrhundert trägt. Er war schlicht der einfachste Weg von der Donau über die Alpen zur Adria. Und ist es heute immer noch.

29. Mai – 1. Juni 2014: Ostsee, Haff und Oder – von Greifswald über Stettin und Frankfurt nach Berlin

Donnerstagmorgen, Himmelfahrt 2014, Hauptbahnhof Hannover. Es regnet, es ist kalt, der Himmel grau. Genauso begannen meine letzten beiden Kurztrips in 2013 mit dem Fahrrad auch. Na klasse, und gestern hat Kachelmann im Internet noch gesagt, dass es an der Ostsee auch ziemlich unbeständig werden würde. Mir doch egal, ich fahre trotzdem.

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8. – 11. September 2013: Rhein IV – von Duisburg zur Mündung und Amsterdam

Ich bin kein 68er sondern ein 74er.

Als Gerd Müller in München das Zwei-Eins schoss und Sepp Maier in der zweiten Halbzeit mein erster Held wurde, dachte ich erstmals politisch. Der Begriff der Nation war für mich als 13-jähriger erstmals greifbar.

Alle, die bei meinem Onkel das Spiel sahen, egal wie alt sie waren, freuten sich weil sie Deutsche waren. Und ich auch. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich alle besonders toll freuten, weil “wir” Holland geschlagen hatten.

Holland. Bis dahin war das ein kleiner Fleck im Atlas, links oben von Deutschland. Ab 1974 war es der Inbegriff des “Erzrivalen”, was sich 1990 im Achtelfinale noch verstärkte.

Das holländische Wohnwagenklischee wurde für mich auf meiner Raddurchquerung Südfrankreichs zu einer unangenehmen Wohnwagenwirklichkeit – auf den Straßen und auf den beiden Campingplätzen, die ich besuchte. Fortan campte ich bis Italien wild, um den Holländern zu entgehen.

Ich mag Berge und Täler, Qual beim Anstieg und Tempo auf der Abfahrt. Holland ist flach.

Ich weiß, dass die deutsche Sprache in den Ohren von Franzosen oder Spaniern hart und furchtbar klingt. Die Sprache der Holländer hört sich für mich aber an, als hätten sie alle Dauerhusten.

Wenn Holländer mit Deutschen diskutieren, dauert es meist nicht lange, bis die Historie zwischen 1939 und 1945 zur Sprache kommt und einseitige Vorwürfe zu hören sind.

Kaum ein Grund also für mich, jemals nach Holland oder zu den Holländern zu fahren.

Noch nicht mal, um es nochmal zu sehen, bevor der Klimawandel die Welt in dreißig Jahren enthollandisiert. Meine Enkel können dann bei Wikipedia über das eigentümliche Land lesen, ich brauche ihnen nicht mal was darüber erzählen.

Blöd ist nur, dass der Rhein durch Holland fließt. Und dass ich mir in den Kopf gesetzt Continue reading

25. – 28. März 2013 – Berlin, Länderfinanzausgleichsnettoempfänger

Berlin – was ist das? Eine Stadt? Eine Baustelle? Die deutsche Hauptstadt? Ein Milliardengrab? Einfach nur Länderfinanzausgleichsnettoempfänger?

Kalt! Berlin ist kalt. Im März 2013 klimatisch und auch sonst. Mich empfängt eine Stadt, die genervt ist. Von Skandalen, von Touristen, von Baustellen. Ich sehe keine Ecke in Berlin, von der ich sagen könnte, dass ich sie schön finde.

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