Tag Archives: Nicaragua

Sonntag, 22.2.2015: Von der Isla Ometepe in Nicaragua nach La Cruz in Costa Rica

Der Ruhetag auf der Insel hat gut getan. Vor allem auch das etwas kühlere Wetter und der frische Wind. So schwinge ich mich auf mein Rad und fahre runter zum Hafen. Vorher kaufe ich noch ein Glas Honig, der von der hiesigen Kooperative geschleudert wurde.

Die Fähre schaukelt heute weniger heftig als vorgestern. Dafür sind die beiden Kapitäne umso heftiger. Die Metall-Silhouette einer sparsam bekleideten Frau winkt ihnen vom Fenster der Kapitänskajüte aus im Takt der Wellen zu. Dieses Winken scheint zu hypnotisieren, jedenfalls haben sich die beiden Jungs während der knapp einstündigen Überfahrt locker zwei mal abgewechselt, damit immer einer auch schlafen und von winkenden Schönheiten träumen konnte.

 

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Freitag/Samstag, 20./21.2.2015: Von Granada zur Isla Ometepe und Ruhetag am Vulkan

Die ganze Stadt wird von einer Blasmusik-Kapelle geweckt. Fehlende Präzision beim Ansatz und beim Treffen der Töne machen die Spieler durch Engagement und Pustekraft wieder wett. Sie marschieren direkt unter dem Fenster meines Dormitorios entlang. Und Fenster haben hier in Granada keine Glasscheiben oder irgendeinen nennenswerten schallisolierenden Effekt.

Und durch dieses Fenster fällt kein einziger Lichtstrahl, das heißt: Es kann nicht mal halb sechs sein. Nach rund einer halben Stunde schlafe ich wieder ein. Vorher schalte ich noch den Wecker aus, Schlaf ist wichtiger als früh los kommen.

Zum Frühstück bestelle ich mir wieder einfach nur Toast, Butter und Marmelade. Und natürlich den obligatorischen Kaffee. Es ist soweit: Ich kann diese Bohnenpampe, Rühreier mit Schinken oder Fleisch und gebackene Bananen nicht mehr sehen.

Das frühe Granada mit seiner klaren Morgenluft lädt die Augen viel eher zum Schauen und Staunen ein als das diesige, heiße Nachmittags-Granada. So bleibe ich dann auch noch oft stehen und fotografiere ein wenig bevor ich die Stadt in Richtung Süden verlasse.

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Donnerstag, 19.2.2015: Von Masatepe nach Granada

Eigentlich will ich um sechs Uhr losfahren, aber mein Magen macht mir zu schaffen. Außerdem habe ich schlecht geschlafen, die Laster fahren fast durch’s Hotelzimmer. Und private Probleme aus der fernen Heimat sorgen für ein stetes Kopfkino.

Um sieben stehe ich dann doch auf, schmeiße eine Imodium ein und packe meine Sachen. Nützt ja nix, wie der Münsterländer so schön zu sagen pflegt.

Ich beschließe, heute nur rund 25 Kilometer bis Granada zu fahren und morgen dann weiter zur Isla Ometepe. Meine Nicaragua-Karte zeigt mir, dass ich von den Pueblos Blancos einfach auf die Hauptstraße abbiegen kann und dann direkt über einen kleinen Knick nach Granada gelange. Die Routingfunktion meines GPS schlägt mir allerdings einen Weg im Hinterland, direkt an der Laguna Apoyo entlang, vor. Ich bin skeptisch, schließlich hat mich bisher jede Routingfunktion irgendwann in eine Sackgasse, vor einen Bahndamm oder in militärisches Sperrgebiet gelotst. In Kuba endeten Lennart und ich schließlich im Gefängnis.

Aber warum nicht? Schließlich habe ich heute genügend Zeit für die paar Kilometer und selbst wenn ich 25 Kilometer schieben müsste, wäre ich in 5 Stunden in Granada.

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Dienstag und Mittwoch, 17./18.2.2015: Von Choluteca / Honduras über Chinandega / Nicaragua an die Laguna de Apoyo

In der Nacht wache ich immer mal wieder durch irgend einen krähenden Hahn auf. Und die Angst vor weiteren Ameisenbissen macht die Nacht nicht ruhiger.

Gegen halb sieben stehe ich dann auch auf, das Leben hier findet schon seit rund einer Stunde statt. Es ist einfach nur heiß. Gestern schon den ganzen Tag, in der Nacht hat es sich kaum abgekühlt. Der Ventilator läuft die ganze Zeit auf höchster Stufe. Normalerweise dusche ich immer abends, aber an diesem Morgen verlangt mein Körper eine zusätzliche kühle Erfrischung.

Um halb acht gehe ich rüber in den Comedor, um ein Frühstück “con todo”, also mit allem, zu bestellen. Nach rund 15 Minuten erhalte ich einen voll gepackten Teller mit einem Rinderschnitzel, einem Spiegelei, Bohnen, Reis, gebratenen Bananen und Tortillas. Dazu gibt es einen Riesenpott überzuckerten Kaffee. Da muss ich jetzt durch. Morgen früh esse ich Brot mit Marmelade!

Der Sohn der Inhaberin setzt sich zu mir und ist an meinem Fahrrad interessiert. Wie so viele Männer hier. Alle fragen immer bloß nach dem Preis. Dass man sein Auto verkaufen kann, um sich ein gutes Fahrrad zu kaufen, versteht hier niemand. Also sage ich immer, dass das Fahrrad ziemlich teuer ist, ich aber nicht weiß, was es momentan wert ist. Die genaue Preisangabe würde wohl zu großem Unverständnis führen. Lügen um des lieben Friedens Willen möchte ich aber auch nicht.

Ich will losfahren und merke, dass mein Leatherman fehlt, den ich in einer kleinen Ledertasche direkt am Fahrrad befestigt hatte. Das ist schlecht und beunruhigt mich, da er Teil meiner technischen Ausrüstung ist und ich die Werkzeuge häufig benötige. Außerdem hat er mich seit Alaska auf allen meinen Reisen begleitet und mir stets gute Dienste geleistet. Wahrscheinlich wurde das Teil gestern im Bus geklaut. Denn gestern Mittag habe ich damit noch eine Mango aufgeschnitten.

Ich fahre zu einer Ferreteria, einer Eisenwarenhandlung, die gleichzeitig auch ein Reparaturbetrieb für Motorräder ist. Erwarten tue ich allerdings nichts. Der Besitzer telefoniert gerade, ich warte ein paar Minuten und will gerade wieder wegfahren, als er das Telefon aus der Hand legt und mich fragt, was ich denn wolle. Ich frage nach einem “cuchillo por multi uso”, einem Messer für vielfältigen Gebrauch, der Verkäufer geht in sein Büro und ich bin absolut erstaunt, als er mit einem Leatherman Wave zurückkommt. Ich frage, ob er dieses Werkzeug auch verkauft, er nickt kurz mit dem Kopf, nennt mir seinen Preis und ich sage ihm, dass er für mich heute das Glück sei. Wir diskutieren noch ein wenig über Länder und Diktaturen, er ist der erste Mensch hier in Lateinamerika, der mich auf Hitler anspricht. Wir sind beide der Meinung, dass es schwierig ist, als Teil der Bevölkerung eines Landes Verantwortung für das Handeln der Regierung des Landes zu übernehmen. Und dennoch kommt man als Bürger nicht darum herum.

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