Tag Archives: Guatemala

Montag, 9.2.2015 und Dienstag, 10.2.2015: Von Lanquin mit dem Bus nach Chiquimula und dann nach El Salvador zum Lago de Güija

Das Wetter ist nicht so pralle, die Dosis Zivilisation von gestern reicht mir erstmal wieder und so entscheide ich mich, weiterzufahren. Zunächst mit dem Bus bis Chiquimula noch in Guatemala und dann weiter nach El Salvador. Eigentlich wollte ich von Guatemala direkt nach Honduras und dort die Copan-Ruinen sehen. Nach Chichen Itza und Tikal brauche ich allerdings nicht noch eine Maya-Kultstätte.

Ich fahre erstmals mit einem Collectivo, das sind kleine Busse im Stile eines Ford Transit – vielleicht ein klein wenig größer. Die hier sind alle aus Japan oder Taiwan oder China, ich habe die in Europa noch nie gesehen.

Egal – es passen ungefähr 30 Leute rein, dann ist die Kiste aber auch rappelvoll. Unterwegs steigen Leute immer wieder ein und aus. Bushaltestellen gibt es nicht, wer sich meldet, wird bedient. Mein Fahrrad liegt oben auf dem Dach, festgezurrt. Der Bus ist schon fast voll, da kommen noch einige einheimische Frauen mit Kindern dazu. Der Schaffner klappt plötzlich Sitze im Gang hoch, die ich erst überhaupt nicht gesehen habe. Eine junge Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm setzt sich neben mich und lächelt mich an. Das ist so ein ruhiges, warmes Begrüßungslächeln, das exakt die Gelassenheit und Nähe ausdrückt, die mir immer wieder auffällt, wenn ich die jungen Mütter mit ihren Kindern beobachte. Wir sitzen wirklich sehr eng nebeneinander, unsere Arme berühren sich und ich schließe meine Augen, um möglichst viel von der Energie, die diese Frau hat, aufzunehmen. Ich bin völlig überrascht, hatte so ein Gefühl der Nähe zu einem wildfremden Menschen noch nie. Es ist auch kein Mann-/Frau-Ding sondern eher die Erinnerung an eine unbedingte Geborgenheit, wie ich sie zuletzt wahrscheinlich bei meiner Mutter oder Großmutter gefühlt hatte.

Diese Ruhe strahlen die Maya-Mütter fast alle auf ihre Kinder aus. Ich habe noch nicht ein Kind schreien gehört. Und genau diese Ausstrahlung, die wohl ihrem Kind gilt, gibt diese Mutter jetzt unwissend auch mir mit.

In Chiquimula ist es heiß.

Ich muss mich nach der Zeit in den Bergen erstmal an die stickige Luft hier gewöhnen.

Lust auf Weiterfahren habe ich nicht, ich finde das Hotel California und steige in dem Hotel ab, das eines meiner Lieblingslieder besingt. Es passt sogar: On a dark desert highway… Und die Colitas riecht man hier allerorten. Aber das ist nichts für mich, nicht hier, nicht allein und nicht mit fremden Menschen.

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Sonntag, 8.2.2015: Mit den Touris in Semuc Champey

Wenn es um Pauschalbuchungen geht, bin ich ja immer ein wenig skeptisch, besonders in Flores nach meinem Tikal-Erlebnis. In den Touristenorten ist man ja schnell als Tourist erkannt und das setzen einige Einheimische mit einem Geldautomaten gleich.

Insofern überlege ich zweimal, als ich das Pauschalangebot Semuc Champey für 185 Quetzales lese. Es ist allerdings kein windiger Bauernfänger, der mir das Angebot unterbreitet, sondern eine Angestellte des Hostels hier. Alles ist drin: Hinfahrt, Programm, Eintritt, Rückfahrt. Ich brauche mich um nichts zu kümmern. Das finde ich auch mal ganz herrlich.

Die anderen jungen Leute aus dem Hostel sind ganz scharf darauf, auf dem Lastwagen hinten auf der Ladefläche im Stehen mit zu fahren. Ich habe in den Bergen gesehen, wie die Straßen sind und wie die Einheimischen auf den Ladeflächen hin und her geschaukelt werden. Also steige ich ruhig und gelassen und zufrieden auf einen der Sitze in der Fahrerkabine.

Nach einer Stunde Fahrt auf übelst verblockter Waldpiste kommen wir im Naturpark an. Die beiden Reiseleiter sind Einheimische und gut drauf. Sie weisen auf alle Möglichkeiten hin, Spaß zu haben aber eben auch auf die Gefahren dazu. Sie merken auch sehr gut, wann sich Menschen dem Gruppenzwang hingeben.

Mein Spaßfaktor ist an diesem Tag jedenfalls sehr hoch. Ich mache alles mit, was die beiden Reiseleiter zeigen.

Ich springe von einer Schaukel mit locker zehn Meter langen Seilen mit Schwung und Salto in den Fluss, ich robbe mit Kerzen in den Händen durch eine Höhle, besteige einen Mirador (einen Aussichtspunkt) hundert Meter über dem Fluss, rutsche im Fluss selbst von einem Bassin in das nächste, lasse mich auf aufgeblasenen LKW-Reifen über den Fluss treiben und habe einfach Spaß. Mit der Natur, mit den Leuten hier, mit den Herausforderungen. Ich bin Teil einer Truppe mit Leuten aus Kanada, Deutschland, Holland, China, den USA. We have fun. Just like that. Sogar Luke von Vancouver Island, der nach einer zehnjährigen Beziehung zum Vergessen hier ist, findet ein paar mal sein Lächeln wieder.

Ich überlege, ob ich nicht noch einen Tag in Lanquin bleibe. Ich muss ja nicht heute entscheiden. Mañana.

Samstag, 7.2.2015: Von Cahabón nach Lanquin

Es regnet noch, ich lasse mir Zeit mit dem Frühstück, zumal ich heute nicht so weit fahren werde. Bis Lanquin sind es knappe 30 Kilometer. Der Zustand der Straße lässt sich ermessen, wenn man die Einheimischen fragt, wie weit das ist. Eine Stunde mit dem Auto, sagen sie. Kilometer-Angaben gibt es kaum hier in Zentralamerika. Das erinnert mich an Kanada. Dort fragte ich an einer Tankstelle nach der Entfernung zum nächsten Ort, um abschätzen zu können, wieviel Verpflegung ich kaufen musste. Eine Stunde. Wieviele Kilometer? Keine Ahnung. Eine Stunde mit dem Auto? Klar. Wie schnell fährt denn so ein Auto? Keine Ahnung – wie’n Auto halt. Ich kann mich gut an diesen Dialog erinnern, weil er mir so skurril erschien.

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Freitag, 6.2.2015: Von einer Passhöhe auf 1.000 hm über Utopia nach Cahabón

Die Nacht ist laut und nass, der Wind peitscht Regen ans Zelt. Ich konnte am Abend weder duschen noch mich waschen, immer war jemand da.

Etwas ist besonders bei den Mayas: Einer sieht dich immer – auch unterwegs. Der ruft oder pfeift kurz, dann sehen dich alle. Vor allem die Kinder. Ich kriege so langsam ein Gefühl für das Besondere dieser alten Kultur. Nach Chichen Itza und Tikal und auch meinen Begegnungen hier macht sich in mir der Gedanke breit, dass sie auf eine besondere Weise weniger Individuen sind sondern eher Wissens-, Glaubens-, Wohn- und Handelnsgemeinschaft.

Das deutete auch John im Hotel Kangaroo an, der ja mit einer Guatemaltekin liiert ist. Wenn in ihrer Familie etwas passiert, passiert das gleichzeitig mit allen. Und hier, im Urwald, habe ich das Gefühl, dass das auf die komplette Gruppe, über die Familien hinaus, ausgeweitet ist.

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Donnerstag, 5.2.2015: Von El Estor bis auf eine Passhöhe 1.000 Höhenmeter

Ich wache auf mit tollen Gedanken. Der Abend gestern hat mich darin bestärkt, den jungen Leuten die Zukunft anzuvertrauen, die wir alle brauchen.

Hinter El Estor geht es dann rauf in die Berge. Zuvor komme ich an der Nickel-Mine vorbei, die hier in der Region, aber auch im ganzen Land, Wohl und Wehe bedeutet. Sie ist die größte ihrer Art in ganz Zentralamerika. Die Leute reden viel von ihr. Präsident Pérez bezeichnet sie als die größte Investition Guatemalas.

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Mittwoch, 4.2.2015: Von Rio Dulce nach El Estor

El Estor, wo zum Kuckuck liegt El Estor?

Das wird mein Etappenziel heute sein, nachdem ich entschieden habe, nicht direkt nach Honduras zu fahren sondern ins Hinterland nach Semuc Champey, zu dem Ort, wo das Wasser sich versteckt. Greg, der Chef des Kangaroo, bestätigte meine Befürchtungen, dass die Straße von Rio Dulce nach Copan eine Haupttransportroute für die ganzen Erze ist, die im Hinterland abgebaut und in Puerto Barrios verschifft werden. Das tue ich mir nicht an. Außerdem habe ich jetzt zwei alte Maya-Ruinenstädte gesehen, die dritte in Honduras tausche ich virtuell gegen ein Naturspektakel in Guatemala ein.

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Sonntag, Montag, Dienstag, 1.-3.2.2015: Von Flores über Poptun durch die Hölle ins Paradies nach Rio Dulce, Ruhetag mit Bootsfahrt nach Livingston

Stan und ich frühstücken draußen, die Sonne geht hinter uns auf und strahlt den vor uns liegenden See an. Wir genießen einfach nur die Sicht und die Ruhe. Hin und wieder knattert eine Lancha vorbei – so heißen die länglichen Boote hier überall.

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Freitag und Samstag, 30./31. Januar 2015: Von San Ignacio/Belize nach Flores/Guatemala und ein Ausflug nach Tikal

In San Ignacio an der Grenze zwischen Belize und Guatemala schlafe ich ungestört, tief und lange. Ich überlege, allein wegen des ungestörten Schlafes noch eine Nacht hier zu verbringen. Aber ich will weiter, so viel bietet der Ort und seine Umgebung auch wieder nicht. Meine Sachen, die ich gestern Abend wusch, sind zwar noch etwas feucht, aber das macht mir nichts aus. Sie werden hinten aufs Gepäck gezurrt und können dann im Fahrtwind und in der Sonne trocknen.

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